Mietminderung im Gewerberaummietverhältnis - geht das überhaupt?

„Die Mietsache ist mangelhaft, die Miete wird gemindert!“ – Dieser Satz begegnet Mietern wie Vermietern insbesondere im Wohnraummietrecht häufig.

Mietminderung im Gewerberaummietverhältnis

Doch auch ein Mietverhältnis über Gewerberäume bleibt von Streitigkeiten über Mängel nicht verschont. Aber Vorsicht! Denn was im Wohnraummietrecht gar nicht möglich wäre, ist im Gewerberaummietrecht übliche Praxis; das Recht des Mieters, einfach zu mindern, ist vertraglich regelmäßig nahezu ausgeschlossen.

Eine undichte Decke, eine zu geringe Fläche oder fehlende Genehmigungen der Stadt können einen Mangel nach § 536 Abs. 1 BGB begründen, sofern dadurch die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache mehr als nur unerheblich gemindert wird. Nach den gesetzlichen Regelungen ist die Miete dann automatisch gekürzt. Das gilt im Gewerberaummietrecht, wie auch im Wohnraummietrecht.

Allerdings schreibt das Gesetz nur für Wohnraummietverträge vor, dass von diesem Grundsatz im Vertrag nicht wirksam abgewichen werden kann. Daher ist im Gewerberaummietrecht beim Vertragsschluss besondere Vorsicht geboten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung (z.B. BGH, Urteil vom 23.04.2008, XII ZR 62/06) geht davon aus, dass ein vertraglicher Ausschluss des Einbehaltungsrechts den Mieter nicht unangemessen benachteiligt, sofern dem Mieter eine Möglichkeit gelassen wird, den geminderten Teil der Miete zurückzufordern. Damit kann das Recht zur Minderung im Vertrag zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden, der Vermieter kann aber jedenfalls eine direkte Minderung untersagen. Mindert der Mieter trotzdem und hält sich nicht an das vertraglich vorgesehene Prozedere, besteht ggf. sogar das Risiko einer Kündigung.

Aber nicht jede Klausel im Vertrag ist schädlich. Denn die Grenzen, was im Vertrag vereinbart werden darf und was nicht, sind von der Rechtsprechung klar gezogen. Wenn der Vermieter eine dieser Grenzen überschreitet, ist die Klausel ggf. ihrem ganzen Inhalt nach unwirksam. Dann gelten wieder die gesetzlichen Regelungen und der Mieter kann ungehindert mindern. Die Abgrenzung zwischen wirksamen und unwirksamen Klauseln fällt in der Praxis schwer und ist stets an der aktuellen Rechtsprechung zu messen. Ein genauerer Blick kann sich aber für Mieter und Vermieter lohnen.

Auch für die Frage, ob überhaupt Mietmängel bestehen, kann es auf den Beginn des Mietverhältnisses ankommen. Hier sollte man nicht erst abwarten, bis während des Mietverhältnisses ggf. Streit über Mängel entsteht. Spätestens nach einem Eigentümerwechsel ist diesem nämlich der Zustand der Mietsache bei Übergabe an den Mieter oft nicht bekannt. Finden sich hier dann Schäden, kommt es häufig zu Streit darüber, ob der Mieter hierfür geradestehen muss oder nicht. Genauso kann dem Mieter aber bei Mängeln die schon bei der Übergabe bestanden vorgehalten werden, dass er die Mietsache ja mit Mängeln angenommen hat. Auch in diesem Fall kann ein Recht zur Minderung ausscheiden. Auch dem kann schon durch entsprechende Regelungen im Mietvertrag vorgebeugt werden.

Bei jedem Streit über Minderung muss aber der Mieter die Höhe einer angemessenen Minderungsquote bestimmen. Dies geschieht auf eigenes Risiko, denn eine endgültige Festlegung der richtigen Minderungshöhe erfolgt im Streitfalle erst durch das Gericht. Wenn der Mieter also zu viel gemindert hat, läuft er Gefahr, zu wenig Miete zu zahlen und damit einen Kündigungsgrund zu schaffen. Da eine solche Bestimmung für den rechtlichen Laien oft Schwierigkeiten bereitet, sind Mieter gut beraten, wenn sie sich um professionelle Unterstützung bemühen. Besondere Vorsicht ist bei einer eigenen Recherche im Internet geboten. Allzu häufig berufen sich Mieter darauf, dass ein Gericht schon einmal für einen konkreten Mangel festgestellt habe, wieviel Minderung hier angemessen ist. Hierauf kann sich ein Mieter aber in aller Regel gerade nicht berufen. Die Bestimmung einer Minderungsquote ist stets eine Einzelfallentscheidung und kann daher deutlich von Gerichtsentscheidungen in anderen Fällen abweichen. Sich bei der Bestimmung einer festen Quote daher auf ein bereits bestehendes Urteil zu berufen birgt erhebliche Risiken, die das Mietverhältnis in seinem Bestand gefährden können.

Gerne unterstützen wir Sie im Rahmen der Vertragsgestaltung und bei Fragen rund um Ihr Mietverhältnis.

Bielefeld, 13.06.2023