Verkäufer fordert nach dem Hausverkauf die Photovoltaikanlage zurück. Ist das rechtens?

Photovoltaikanlagen auf Dächern: Wesentlicher Bestandteil des Gebäudes oder nicht?

Die Frage, ob eine Photovoltaikanlage ein wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes im Sinne von § 94 Abs. 2 BGB ist und damit zum Grundstück gehört, ist komplex und sorgt immer wieder für Unsicherheiten nach erfolgtem Grundstückskauf.

Sind im Kaufvertrag keine Regelungen über die Photovoltaikanlage zu finden, kann es passieren, dass der Verkäufer die Anlage nach dem Verkauf von den Käufern zurückfordert. Entscheidende rechtliche Frage in diesem Zusammenhang ist es, ob eine Photovoltaikanlage als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks anzusehen ist.

Arten von Photovoltaikanlagen

Es gibt unterschiedliche Arten von Photovoltaikanlagen, die sich in ihrer Einbindung in das Gebäude unterscheiden:

  • Dach- oder fassadenintegrierte Anlagen: Diese Anlagen sind fest in das Gebäude integriert und gelten in der Regel als wesentlicher Bestandteil des Gebäudes.

  • Aufdachanlagen: Diese Anlagen werden nachträglich auf dem Dach installiert. Häufig wird pauschal angenommen, dass sie aufgrund ihrer Optik nicht als Teil des Gebäudes anzusehen sind. Doch diese Auffassung greift aus unserer Sicht zu kurz.

Unterschiede in der Nutzung

Bei Aufdachanlagen kommt es vielmehr auf den Zweck der Anlage an:

  1. Inselanlagen: Diese Anlagen versorgen ausschließlich das Gebäude selbst mit Strom. Sie gelten in der Regel als wesentlicher Bestandteil des Gebäudes, da das Gebäude ohne sie als unvollständig anzusehen wäre.

  2. Netzeinspeisung: Wird der erzeugte Strom ganz oder teilweise in das öffentliche Netz eingespeist, wird es schwieriger. Hier besteht keine einheitliche Meinung:

    • Manche unterscheiden danach, welche Nutzung überwiegt – ob also mehr Strom ins Netz eingespeist oder für das Gebäude genutzt wird.

    • Andere halten diese Unterscheidung für unpraktikabel, da die erzeugte Strommenge von verschiedenen Faktoren wie Sonnenstrahlung und Verbrauch schwankt und es nur zu Rechtsunsicherheiten kommt.

Nach dieser letzteren Auffassung gilt: Sobald eine Photovoltaikanlage Strom ins öffentliche Netz einspeist, wird sie nicht als wesentlicher Bestandteil des Gebäudes angesehen.

Technische Aspekte und rechtliche Abgrenzung

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, ob die Anlage ohne größere Schäden entfernt werden kann. Nach § 93 BGB ist ein wesentlicher Bestandteil dann gegeben, wenn eine Trennung nur durch Zerstörung der Anlage oder des Gebäudes möglich ist. Die Abgrenzung zwischen „Zerstörung“ und „Beschädigung“ ist jedoch oft ebenso nicht eindeutig. Bereits eine mehr als unerhebliche Beschädigung kann dafür sprechen, dass die Anlage ein wesentlicher Bestandteil ist. Kann die Anlage dagegen problemlos abgebaut werden, ohne größere Schäden zu verursachen, spricht dies eher dagegen, sie als Bestandteil des Gebäudes anzusehen.

Fazit

Ob eine Photovoltaikanlage ein wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes ist oder nicht, hängt von zahlreichen Faktoren ab – von der Bauweise der Anlage über ihre Nutzung bis hin zu den technischen Gegebenheiten vor Ort. Eine pauschale Antwort gibt es nicht. Oftmals wird die Problematik gar nicht wirklich thematisiert.

Um Streitigkeiten bei Grundstücksverkäufen indes zu vermeiden, sollte die Photovoltaikanlage unbedingt im Kaufvertrag Erwähnung finden. So können beide Seiten ihre Rechte und Pflichten klar regeln, um Rechtsunsicherheiten vermeiden. Wir unterstützen Sie hierbei natürlich gerne.

Simon Marquardt

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht