Gesetzesänderung zum Mietrecht zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie

Was sind nun die Änderungen des neuen Gesetzes und was gilt ab dem 01. April 2020 für Mieter und Vermieter?

 

Und was bedeutet dies konkret?


Am 25.03.2020 hat der Bundestag weitreichende Änderungen im Mietrecht sowie für Pachtverträge beschlossen. Nur zwei Tage später, am 27.03.2020 hat der Bundesrat das so beschlossene Gesetz ohne Änderungen durchgewunken. Den vollständigen Wortlaut des Gesetzes finden Sie hier: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/Bgbl_Corona-Pandemie.pdf?__blob=publicationFile&v=1
In der Gesetzesbegründung des Bundestages heißt es:
,,Für Mietverhältnisse über Grundstücke oder über Räume wird das Recht der Vermieter zur Kündigung von Mietverhältnissen eingeschränkt. Dies gilt sowohl für Wohn- als auch für Gewerberaum¬miet¬verträge. Wegen Mietschulden aus dem Zeitraum vom 01. April 2020 bis 30. Juni 2020 dürfen Vermieter das Mietverhältnis nicht kündigen, sofern die Mietschulden auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen. Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibt im Gegenzug im Grundsatz bestehen. Dies gilt für Pachtverhältnisse entsprechend.“

Weiter findet man auf der Homepage des Bundesrates hierzu die Aussage:
,,Mieterinnen und Mieter sowie Kleinstunternehmen, die wegen der Ausbreitung des Corona-Virus ihre Miete nicht mehr zahlen können, werden vor Kündigungen geschützt: durch zeitlich begrenzte Einschränkungen der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen, Regelungen zur Stundung und Vertragsanpassung im Verbraucherdarlehensrecht. Leistungen der Grundversorgung wie Strom, Gas oder Telekomunikation sollen möglichst weiterlaufen.“

Was sind nun die Änderungen des neuen Gesetzes und was gilt ab dem 01.04.2020 für Mieter und Vermieter?

In Artikel 5 § 1 Absatz 1 und 2 des Änderungsgesetzes ist geregelt, dass Verbrauchern und Kleinstunternehmen bis zum 30.06.2020 das Recht zusteht, Leistungen im Rahmen von allen wesentlichen Dauerschuldverhältnissen zu verweigern. Dies soll nach Abs. 3 nur dann nicht möglich sein, wenn sich hierdurch keine besondere Härte für den Vertragspartner ergibt. Artikel 4 stellt dann klar, dass diese Regelungen für Miet- und Pachtverträge nicht gelten.

Von diesem Leistungs¬verweigerungsrecht sind im Wesentlichen also nur die bereits im obigen Zitat angesprochenen Versorgerverträge wie Strom, Gas oder Telekommunikation betroffen. In Miet- und Pachtverträgen bestehen die Zahlungsverpflichtungen von Mieter und Pächter hingegen unverändert fort. Hier gibt es keine Änderung durch das neue Gesetz.

Stattdessen findet man für diese Verträge in Artikel 5 § 2 ein zeitlich befristetes Kündigungsverbot (Kündigungsausschluss) für Vermieter und Verpächter. Dieser Kündigungsschutz ist zunächst bis zum 30.06.2020 befristet; eine Verlängerung bis Ende September möglich. Überdies gilt er nur für den Fall, dass der Verbraucher oder Kleinstunternehmen, der seine Miete nicht mehr Zahlen kann, dies wegen des Auswirkungen der Pandemie nicht kann.

Im Ergebnis bedeutet dies:

1. Für Mieter
Mieter bleiben trotz der Pandemie zur Zahlung ihrer Mieten verpflichtet, als gäbe es keine Pandemie. Wenn Sie jedoch die Miete wegen der ja bestehenden Pandemie nicht zahlen können, dann darf der Vermieter Ihnen deshalb nicht kündigen, da dies aus Sicht des Gesetzgebers ja durch die Pandemie gerechtfertigt ist.

Folgeprobleme sind aus unserer Sicht vorprogrammiert, da das Gesetz keine Lösung für die Folgen der Pandemie bietet, sondern die unweigerlich entstehenden Probleme letztlich nur zeitlich verschiebt. Dies führt dazu, dass die so entstehenden rechtlichen Spannungsfelder sich nun über mehrere Monate anstauen, um sich dann mit umso größerer Wucht zu entladen.

So ist es einem Vermieter auf Grundlage dieses Gesetzes daher möglich, für jeden neuen Monat den seine Mieter die vereinbarte Miete nicht vollständig und rechtzeitig zahlt, sofort ein eigenständiges gerichtliches Verfahren gegen den Mieter einzuleiten. Der Mieter, welcher auch nach der Gesetzesnovelle vor dem Gesetz im Unrecht wäre, müsste für jedes dieser Verfahren sämtliche Gerichts und sonstigen Rechtsverfolgungskosten ersetzen, was einen weiteren erheblichen wirtschaftlichen Schaden bedeuten würde. Das vorliegende Gesetz nimmt dies in Kauf und trifft hierzu keine Aussage.

Auch Verzugszinsen für offene Mieten fallen automatisch von Gesetzeswegen an, sobald der Mieter auch nur einen einzigen Tag mit der Zahlung der Miete in Verzug gerät.

So führt die gesetzliche Regelung letztlich dazu, dass zu den Mietzahlungen, von denen der Gesetzgeber selbst auszugehen scheint, dass Mieter sie weitgehend werden nicht begleichen können, noch weitere Verzugszinsen und Rechtsverfolgungskosten hinzutreten und die Zahlungsrückstände so bis Ende Juni 2020 weiter anwachsen werden.

2. Für Vermieter
Vermieter können, wenn Mieter ihre Mietzahlungen einstellen bis zum Juli 2020 keine auf diesen Zahlungsverzug gestützte Kündigung mehr aussprechen. Mietern wird es vermutlich leicht fallen die geringe Hürde des Gesetzes zu nehmen und „glaubhaft zu machen“, dass ihr Zahlungsverzug einen „Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie“ aufweist (Art. 5 § 2 Abs. 1 S.  2). Da der Mieter nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht einmal „beweisen“ sondern nur „glaubhaft machen“ muss, dass ein solcher Zusammenhang besteht, ist davon auszugehen, dass die Gerichte hier sehr großzügig sein werden.

 

01. April 2020

Rechtsanwalt Dr. Jan C. Nordmeyer

Rechtsanwalt Timo Hoffmann